Lilly goes peru
Nach unkompliziertem Grenzübertritt verbrachten wir eine Nacht in Piura, Nordperu, knapp hinter der Grenze. Wieder mal eine Stadt, in der man sich auch zu späterer Stunde noch frei auf der Straße bewegen kann, ohne sich unsicher zu fühlen. Wir wurden Zeugen eines großen Straßenumzugs (irgendwas mit „dem Herrn der Wunder“ und einer Jesusfigur die weihrauchumnebelt auf den Schultern hübscher junger Peruaner durch die Stadt getragen wurde), es gab Spielmannzüge, tanzende Trachtendamen…sehr hübsch. So spät wie möglich gingen wir schlafen, in der bisher gruseligsten Absteige unserer Reise. Haben gefroren, uns geekelt, und sind frühmorgens schnell zum Flughafen, ohne das Badezimmer allzu sehr zu strapazieren (igitt…). Der Flug mit Taca-Airlines war okay, hatten scheinbar einen Sportpiloten, der nicht erst nach Ausrichtung der Maschine in Startbahnrichtung Gas gab, sondern bereits in der Kurve auf die Startbahn beschleunigte…hoppala… Zwischenstop in Lima: „Bitte alle aussteigen, Flugzeug wechseln!“. Wir wurden einmal quer durch den Flughafen gelotst, hatten so dankbarerweise die Möglichkeit schnell das Ivonnchen anzurufen, um ihr zum frisch errungenen Titel zu gratulieren. Etwas lächerlich fanden wir es dann doch, als wir wieder in exakt derselben Maschine mit derselben Crew landeten. Hatten dafür aber die schöneren Sitze, vorne, mit Beinfreiheit. Die Landung in Cusco war erneut etwas sportlich, da muss der Flieger nach 180°-Wendung zwischen die hohen Berge eintauchen, hat schon ein wenig gewackelt, was Druckstellen an den gegenseitigen Händen und zahlreiche Liebesbekundungen zur Folge hatte… Cusco hatte man uns als unangenehm touristisch mit lauter aufdringlichen Verkäufern geschildert. Ja, viele wollen einen massieren, es gibt „Super-Top-Angebote“ mit denen man sich MaccuPicchu angucken kann, aber anders als woanders reichte ein freundliches „No, Gracias“ und schon wurde man in Ruhe gelassen. In einer Kneipe wurden sogar T-Shirts mit diesem Aufdruck verkauft… Wir konnten über Touristenjäger und Souvenirshops gut hinweggucken, gab es doch in Cusco so viel anderes schönes zu sehen. Am ersten Abend waren wir ganz euphorisch ob der schönen Gebäude und stimmungsvollen Beleuchtung. So war es dann der richtige Ort für die dicke Erkältung, die ich mir eingefangen habe. Aus zwei geplanten Übernachtungen wurden daher 4, erst in einem tollen Tipp von zwei sympathischen Galapagos-Bekanntschaften: Casa Elena im San Blas-Viertel, war super, danke, Steffie und Patrick! Nachdem das Hotel dann leider ausgebucht war, haben wir für zwei Nächte in einem anderen verlängert. Hier gab es eine Couchgarnitur unter dem Dach, auf der ich herrlich niesen, husten und lesen konnte. Wenn meine Puste es zuließ, sind wir ein wenig durch die Stadt gestapft, haben uns mittelmäßige Museen angeschaut (war nicht so toll), einen Tagesausflug zu den Inkaruinen in Pisac gemacht (sehr nett) und ansonsten nur die Schönheit der Stadt genossen.
Camping Inca Stile
Das beste Essen seit Monaten (Jahren?) haben wir entdeckt, waren dann insgesamt viermal im „Ciccalinas“. Tapas wie in Italien, handgemacht Ravioli, Huhn in einer Pekannusssauce zum dahinschmelzen…
das Ciccalinas in Cusco (das beste Essen seit langem)
Schließlich fühlte ich mich fit genug, um eine bereits vereinbarte Verabredung einzuhalten. So fuhren wir am 18.Oktober nach Curahuasi, ein kleines Dorf westlich von Cusco. Hier wurde 2007 ein Krankhaus eröffnet, dessen Entwicklung wir von Anfang an verfolgt hatten. Eine evangelische Stiftung aus Deutschland schickt medizinische Mitarbeiter mit missionarischem Auftrag hierher. Wir trafen auf viele freundliche Kollegen, ein Urologe und die stellvertretende Pflegedienstleitung haben uns aus dem Leben hier berichtet und uns das Haus gezeigt.
Diospi Suyana Curahuasi
Was uns etwas verwirrt hat, nach unserer Zeit in Buda war die gute Ausstattung des Hauses. Es gibt OPs, Intensivstation, Endoskopieabteilung (derzeit unbesetzt, na Matthias, wie wär’s?). Die Gebäude sind schöner und moderner, als unsere Klinik daheim, das Sonogerät ebenfalls, es gibt ein nagelneues (von einem christlichen Siemens-Mitarbeiter erkämpftes) CT, eine Zahnklinik, die unseren Aschaffenburger Zahnarzt erblassen lassen würde, und inzwischen sogar einen (sehr netten!) Zahntechniker, denn man will den Leuten hier jetzt auch Prothesen ermöglichen…statt wie in Buda nur Zähne zu ziehen… Regelrecht erschüttert waren wir, als wir 4 voll eingerichtete Intensivplätze in der UNBENUTZTEN Notaufnahme sahen, mit je 6 Perfusoren, 4 Infusomaten und einem Beatmungsgerät („ Das alles verstaubt hier eigentlich nur…“). Ein wunderschöner Kreissaal, in dem kaum jemals Geburten stattfinden… Nur 10% von dieser Einrichtung in Buda…wir wollen gar nicht darüber nachdenken. In Buda gab es noch zwei Betten, deren Kopfteil manuell hochzustellen war, hier stehen haufenweise elektronisch verstellbare Betten herum… Für Mitarbeiter ist dies sicherlich ein guter Arbeitsplatz, es mangelt auf den ersten Blick an nichts (man bekommt sogar die zu Hause gewohnte professionelle Zahnreinigung…), und auch ein Leben mit Kindern ist sicherlich gut möglich. Man lebt in einer sehr netten Gemeinschaft, es gibt tägliche Andachten und Treffen. Sehr christlich muss man sein, schon allein deswegen kommt dies Krankenhaus für uns gemeinsam nicht infrage. Aber die Ungerechtigkeit, die wir hier empfunden haben hat uns doch auf Tage hin verwirrt… Nach einer weiteren Nacht in Cusco starteten wir am nächsten Morgen nach „Aguas Calientes“ dem vorgeschalteten Ort vor MaccuPicchu. Hier durften wir den Hotel-Ekelrekord knacken, atmeten die ganze Nacht nur sehr flach, um dem Schimmelgeruch zu entfliehen (dafür war es billig…). Um 4.30 Uhr ging der Wecker, um 4.58 Uhr kauften wir (als erste) unsere Busfahrkarten, dann noch Eintrittskarten für die Inkastätte. Gegen 6 Uhr waren wir dann dort – und sofort beeindruckt. In schwerem Morgennebel, noch fast ohne Touristen zeigte sich der Ort magisch,
Machu Picchu mystisch
Machu Picchu noch mystischer
Manchmal muss man über seinen Schatten springen (später vielleicht)mit fließend Wasser (allerdngs nur kalt)
man rechnete ständig mit einem Inka-König, der gähnende aus einer der Türen treten könnte. Stundenlang geisterten wir hier umher, lauschten mal hier, mal da den Ausführungen der Führer, in ständig wechselnden Sprachen, und können auch heute noch nicht fassen, wie gut alles erhalten war. Bei den meisten Häusern hätte man nur ein neues Dach draufsetzen müssen, und schon hätte man einziehen können. Selbst die sanitären Anlagen funktionieren einwandfrei, mit Freiluftduschen und ‚ner hübschen Toilette im Haus des Chefs. Drumherum eine Landschaft, die einem alleine schon den Atem raubte, hier hätten wir auch unseren Palast gebaut… Als die Touristendichte um die Mittagszeit etwas zu groß wurde, haben wir uns dann davongemacht. Die Zugfahrt von Aguas Calientes bis auf die halbe Strecke nach Cusco war im Hellen wunderbar (am Abend zuvor konnten wir im Dunkeln nichts sehen). Ob die dazugehörige Modenschau (echt Alpaca…) wirklich nötig war…naja… Gegen 19.30 waren wir wieder in Cusco, schnell nochmal zu den guten Ravioli, von dort noch Sandwiches für die Reise mitgenommen (Luxus…und sooooo lecker!) Rucksäcke aus dem Hotel abgeholt und um 22.30 Uhr ging unser erster Nachtbus nach Puno am Titicacasee. Wahnsinn, wie bequem Busreisen sein kann, wir hatten breite „Cama“-Sitze („Bett“), konnten uns fast in die waagerechte legen, sehr ähnlich wie in der FirstClass im Flugzeug. Sind sofort eingeschlafen, und erst in Puno wieder aufgewacht. Hier waren wir eine Stunde früher als geplant, schon um 4.30 Uhr morgens, und nachdem wir den Sonnenaufgang über dem See genossen hatten beschlossen wir spontan, dass es doch schon Zeit war, Peru den Rücken zu kehren…und fuhren sofort weiter nach Bolivien… Die Zeit in Peru war kurz, sicher auch zu kurz, aber wir haben noch so viel vor uns, und Sprachkurs und Schnupfen haben leider etwas mehr Zeit gekostet, als geplant…